Der gestaltete Garten

Eine praktische Gartenästhetik

Fachbuch von Johanna Jahns 2oo7  Heinrich & Hahn, Frankfurt (derzeit vergriffen).

Was andere darüber sagen…

Das ist ein ausgesprochen originelles, nie langweilendes, sondern stets anregendes Buch.
Etwas Besseres lässt sich kaum feststellen.

Gartenpraxis
Gartenpraxis

In diesem liebevoll ausgestatteten Band wird Klartext geredet. Man findet hier genau die Strukturen erläutert, auf denen eine gute Gartengestaltung beruht.

Stuttgarter Nachrichten
Stuttgarter Nachrichten

Ihre Anregungen sind nachvollziehbar
und machbar – was man nicht von jedem Ratgeber behaupten kann.

Weser-Kurier
Weser-Kurier

Faszinierend! Ein völlig neuer Blick auf den Garten!

Rhein-Zeitung
Rhein-Zeitung

Endlich habe ich mal grundlegende Prinzipien in der Gartengestaltung und Ästhetik verstanden. Außerdem hat das Buch die Wahrnehmung sensibilisiert. Und natürlich war es sehr spannend und lustig zu lesen, super geschrieben. Ich bin restlos begeistert.

Leserzuschrift
Leserzuschrift

Hier wird der Garten, ob klein oder groß, ganz anders beurteilt und vor allem ästhetisch gesehen, eine völlig andere Sichtweise, die eigentlich jeden, der sich Gedanken über die Gestaltung unseres Freiraums macht, weitgehend überzeugen kann und muss.

Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst

Geschwungen oder gerade?

Leseprobe aus  “Der gestaltete Garten” Johanna Jahns 2007

Am Anfang der Entscheidung für eine bestimmte Formensprache steht häufig die Frage: Gerade oder geschwungen? Beides hat seine Vorzüge. Fast immer empfiehlt es sich, zunächst in beide Richtungen zu denken. Sofern Offenheit vorhanden… Mit der Feng-Shui-Welle der vergangenen Jahre kam nämlich eine Unart wieder auf, die zuletzt zu Zeiten der Ökologiebewegung in Blüte stand: die grundsätzliche Höherbewertung bestimmter Formen, in diesen Fällen geschwungener. „Wege müssen geschwungen sein“ erklärt so mancher Anhänger asiatischer Wohnphilosophie kategorisch. In China nämlich glaubt man, böse Geister könnten nur geradeaus laufen. Sicher ein Umstand, der bei der Gestaltung deutscher Vorgärten nicht immer genügend berücksichtigt wird. Ebenfalls beliebt: „In der Natur gibt es auch keine rechten Winkel!“ Mag sein. Aber ist etwas grundsätzlich schöner, nur weil es natürlicher anmutet? Oder gar moralisch höherstehend? Sicher nicht. Auch nicht naturnäher oder „ökologischer“: Der Regenwurm interessiert sich für den Humusgehalt des Beetes, nicht für dessen Linienführung.

Auch der umgekehrte Fall kommt, wenn auch seltener, vor: Anhänger der „Moderne“, für die jeder Schwung Ausdruck kleinbürgerlicher Piefigkeit und biedermeierhafter Idyllensuche ist… Mumpitz! Ob man geschwungene oder gerade Linien bevorzugt, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks oder der Umgebung. Ob eine Form sinnvoll oder schön ist, muß im Einzelfall beurteilt werden. In gar keinem Fall aber sollte man Formen derart kategorial moralisch bewerten oder ideologisch aufladen. Es verengt den Blick.

Auch die ästhetische Wirkung geschwungener oder gerader Formen läßt sich nicht so ohne weiteres kategorisieren. Weit verbreitet, aber wenig zutreffend ist die Annahme, geschwungene Formen seien per se romantischer oder stimmungsvoller. Zwar eignen sich Schwünge tatsächlich ganz besonders, um weiche Gartenstimmungen zu erzeugen. Romantik entsteht jedoch in erster Linie durch Kleinräumigkeit, durch Harmonie und Details. Ein auf winkligen Formen basierendes Grundkonzept kann überaus idyllisch und romantisch anmuten, wenn es harmonisch aufgebaut, kleinräumig gegliedert, blütenreich bepflanzt und mit Kübeln o.ä. detailreich illustriert wird. Geradheit ist also nicht automatisch gleichbedeutend mit Strenge oder Formalität.

Ebenso gültig der Umkehrschluß: Ein Schwung ist nicht zwangsläufig ein Schnörkel, Verspieltheit kein grundsätzliches Merkmal geschwungener Formensprache. Auch geschwungene Formen können kühl, klar und architektonisch daherkommen. Sie sind daher ohne weiteres auch für formale Gärten geeignet.

Ob geschwungen oder gerade: Beide Richtungen bieten ein weites Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten und Formensprachen, in denen sich denkbar viele Inhalte und Stimmungen ausdrücken lassen. Werfen wir zunächst einen Blick auf die geraden Formen.

Wenn man über „gerade“ Linien spricht, wird man in aller Regel auch „rechtwinklig“ meinen. Gerade Formen sind zwar nicht zwangsläufig rechtwinklig; die Verwendbarkeit anderer Winkel ist jedoch eingeschränkt. Gänzlich unproblematisch sind der 45°-Winkel und alle anderen Winkel, sofern sie in regelmäßigen Formen (Achteck, Sechseck…) eingesetzt werden. Spitze Winkel hingegen, unregelmäßige Dreiecke und andere stark unregelmäßige winklige Formen bergen, vor allem bei gehäuftem Auftreten, immer die Gefahr ungewollter Unruhe und Beliebigkeit. Ihre hohe Dynamik, ihre Sperrigkeit muß begründet und eingebunden werden. Wenn man solche Formen verwenden möchte, dann also mit tragenden Rollen in einem starken und klar erkennbaren Formkonzept. Als bloße Applikationen, als Zierrat sind sie denkbar ungeeignet.

Diese Sonderformen einmal beiseite lassend, zurück zum Regelfall.

Gerade Formen neigen zur Statik; je regelmäßiger, desto statischer, bis hin zum Quadrat als ruhigster winkliger Form. Eben diese Klarheit und Ruhe sind häufig der Grund, sich für eine gerade Formensprache zu entscheiden. Gerade Linien sind gut erfaßbar; man versteht sie sofort. Wo also z.B. eine raffinierte Raumaufteilung oder eine Achsialwirkung die Hauptrolle innehaben sollen, ist man mit einer geradlinigen Formensprache gut bedient. Gerade Formen wirken bescheiden und ungekünstelt. Sie drängen sich nicht auf; sie lassen Raum zum Atmen. Skulpturen oder gute moderne Architektur profitieren von dieser Zurückhaltung. Allerdings darf sie nicht überhand nehmen: Zu große Zurückhaltung wirkt nichtssagend, zuviel Statik starr und leblos – und Ruhe und Leblosigkeit sind zweierlei. Je übersichtlicher, je regelmäßiger also eine Formgebung ausfällt, desto mehr bedarf sie solch zusätzlicher Reize, um harmonisch, also in einem gewissen Maß belebt, zu wirken.

Lange, gerade Wege z.B. werden als unangenehm empfunden, sie nähren die Ungeduld und verlangen nach Gliederung oder Auflockerung. Beides sind wirksame Waffen im Kampf gegen allzu viel Statik und formale Strenge, obwohl sie ganz unterschiedliche Strategien verfolgen: Die Auflockerung tritt der Basisform, dem langen, geraden Weg zum Beispiel, als Gegenspielerin entgegen; sie versucht, die Basisstruktur teilweise aufzulösen. Die Gliederung hingegen erkennt die Basisstruktur in ihrer formalen Strenge an und sucht ihr mittels Rhythmisierung Absichtlichkeit und Bedeutung beizumessen – und sie damit dem menschlichen Empfinden näher zu bringen. Rhythmus bedeutet immer: Wiederholung; man wird also mit Leitpflanzen, Pflastermotiven, Pergolafachungen Strukturen schaffen und diese gliedernd wiederholen oder variieren. Auch der Wechsel zwischen direkter und indirekter Wegeführung ist ein wirksames Mittel zur Gliederung.

Zur Auflockerung gerader Formen bietet die Ebene der Formensprache verschiedene Möglichkeiten: Verwinkelungen, Richtungs-, Form- oder Materialwechsel oder andere Unterbrechungen; ein dankbares Instrument ist auch die Schräge. Sie dynamisiert bei allzu großer Statik (vulgo: Langeweile); am meisten, wenn Winkel von etwa 8-2o° verwendet werden. (Schrägen unter 5° oder über 3o° laufen Gefahr, für falsch eingemessene Geraden oder Diagonalen gehalten zu werden.) Die Diagonale ist, weil regelmäßiger und bekannter, in ihrer Dynamik bereits wieder abgeschwächt, wenn auch immer noch dynamischer als die rechtwinklige Linie. Schrägen und Diagonalen sollten, wenn, dann wiederholt verwendet werden! Sie taugen nur bedingt zum Solitär. Hübsch ist es auch, eine ganze Raumachse zu verschieben. Das dynamisiert nicht nur, sondern überspielt auch Raumgrenzen. Es ruft die eingangs erwähnte „leichte Verwirrung“ hervor, die die Raumerfassung verzögert und damit Größenwirkung induziert. Daher für kleine oder schmale Gartenräume besonders zu empfehlen!

Während also gerade Formen ihre Stärke aus ihrer Unaufdringlichkeit beziehen, verhält es sich mit Schwüngen gerade umgekehrt. Schwünge sind delikate Motive, zu starkem Ausdruck imstande, aber: schwierig zu planen, noch schwieriger zu bauen – und schnell mißglückt. Sie haben einen Idealverlauf und vertragen Abweichungen davon nur in geringem Maß. Ihre Krümmung muß sich logisch entwickeln und vor allem auch begründet sein. Unmotivierte Schwünge wirken beliebig und manieriert: Wenn der Weg einfach scharwenzelt, geht die Logik flöten.

Schwünge sind in ihrer gestalterischen Aussage immer vorrangig; sie müssen sich, ihrem eigenen Gesetz folgend, frei bewegen dürfen. Man muß ihnen den dafür benötigten Raum auch zugestehen. Vergleicht man geradlinige mit geschwungenen Gartenlösungen, wird man daher häufig feststellen, daß gerade Formen Platz sparen und erlauben, eine Funktion, einen Gartenraum mehr unterzubringen: Im kleinen Garten ein Argument von Belang!

Auch die handwerkliche Umsetzung gilt es zu bedenken. Gerade Formen sind relativ gelingsicher. Schwünge hingegen sind auch in dieser Hinsicht anspruchsvoll und verlangen von ihrem Erbauer handwerkliches Können und ästhetisches Feingefühl. Ihre Toleranz für Abweichungen vom Idealverlauf ist begrenzt: Man kann sie also nicht einfach passend zurechtklopfen. Ein paar Prozent Krümmung mehr oder an der falschen Stelle, und aus dem eleganten Schwung ist eine plumpe Beule geworden. Eine einzige gerade Stelle, und die ganze Dynamik ist dahin. Es empfiehlt sich daher, beim Bau eines Schwunges dessen Verlauf aus mehreren Perspektiven, am besten auch von oben zu kontrollieren. Anschlüsse und auf- oder abschwellende Partien müssen sorgfältig geschnitten bzw. geschlagen werden.

Bei geschwungenen Formen ist es zudem besonders wichtig, die im vorigen Kapitel beschriebene Positiv-Negativ-Wirkung zu beachten: Jede Linie bildet zwei Formen, und beide müssen beabsichtigt wirken. Bei Schwüngen ist die gleichzeitig mitentstehende Negativform in höherem Maß problemgefährdet und bedarf besonderen Augenmerks. Häßliche Hohlformen ohne eigene gestalterische Existenzberechtigung gilt es zu vermeiden. In spitzwinkligen Beet- oder Raseneckchen gedeiht nichts, und zu kleine oder zu große Negativflächen lassen sich nicht vernünftig bepflanzen oder pflegen.

Schwung ist nicht gleich Schwung. Für die Verwendung im Garten lassen sich vier Idealtypen von Schwüngen charakterisieren, die in ihrer gestalterischen Aussage weit auseinandergehen:

  • der geometrische Schwung

  • der moderne Schwung

  • der verspielte Schwung

  • der organische Schwung

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Der geometrische Schwung

Ein regelmäßiger, oft symmetrischer Schwung, häufig auf Kreis- oder Ovalformen basierend. Geometrische Schwünge sind meist relativ stark gekrümmt. Da ihre Krümmung aber konstant bleibt und die Bewegung bekannt und vorhersehbar ist, wirken sie trotzdem relativ statisch. Sie strahlen Ruhe und Harmonie aus; man verwendet sie daher gerne für Aufenthaltsbereiche oder auch dort, wo eine gewisse repräsentative Wirkung erwünscht ist. Geometrische Schwünge lassen sich gut mit geraden Linien kombinieren und eignen sich besonders für klassische und formale Gartensituationen.

Der moderne Schwung

Fast immer asymmetrisch und tendenziell nur schwach bis mittelstark gekrümmt, wirkt dieser Schwungtypus architektonisch und elegant. Die Krümmung verläuft glatt und spannungsbetont, was dem modernen Schwung Dynamik und Leichtigkeit verleiht. Auch dieser Typus lässt sich gut mit geraden Linien verbinden; besonders auch durch eingeschnittene Verbindungen. Dieser Schwungtypus eignet sich besonders für moderne und modern-formale Gärten.

Der verspielte Schwung

Ein stark bewegter Schwung, bei dem die Bewegung Selbstzweck werden darf. Verspielte Schwünge sind stark veränderlich; auch die Krümmung variiert in ihrer Intensität. Typisch für diese Formensprache ist auch der Wechsel mit der Gegenbewegung. Verspielte Schwünge wirken heiter und lebendig. Ihre natürliche Bewegtheit prädestiniert sie für Wege, Wasserläufe und andere Gartenaspekte ohne Aufenthaltsqualität. Dieser ausdrucksvolle Schwungtypus kontrastiert sehr stark zu geraden Formen. Wo gerade diese Kontrastwirkung als Stilmittel erwünscht ist, glückt auch die – ansonsten eher schwierige – Verbindung mit geraden Linien.

Der organische Schwung

Organische Schwünge sind immer unregelmäßig. Häufig verläuft die Schwunglinie nicht glatt, sondern ist in sich einer zweiten, kleineren Bewegung unterworfen. Die Krümmung kann sich abrupt verändern. Die gedrungene und kraftvolle, auch rohe oder archaische Wirkung organischer Schwünge profitiert von einer massiven Materialstellung und eignet besonders gut für rustikale oder naturhafte Gartensituationen. Mit geraden Linien lassen sie sich allerdings eher schlecht kombinieren.

In ihrer Reinform lassen sich die verschiedenen Schwungtypen miteinander nicht kombinieren. Die Formensprachen kollidieren. Jedoch sind sie mischbar. Mischtypen obiger Basisformen sind häufig und unproblematisch; sie eröffnen eine große Auswahl an verschiedenen geschwungenen Formensprachen mit überaus unterschiedlichem Ausdruck.

Die Kombination von Schwüngen mit geraden Linien ist hingegen – mit Einschränkungen – möglich; sie kann sogar ausgesprochen reizvoll ausfallen. In einer solchen Kombination wirken Schwünge moderner, weniger lieblich und süß. Trotz dieser Abmilderung wird der Schwung immer im Vordergrund stehen. Die geschwungene Linie ist wirkmächtiger: Ihre Hauptrolle sollte entsprechend ausgestaltet und richtig plaziert werden. Die Gesamtwirkung einer solchen Kombination wird also durch die Dominanz des Schwunges immer eine geschwungene sein.

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